Paul Amann als Übersetzer

Paul Amann als Übersetzer

Veröffentlicht in Bekannte und unbekannte Übersetzer - Übersetzerlexikon am 27/03/2019

Begibt man sich im Dschungel von Österreichs Hauptstadt Wien auf Großstadtsafari, muss man erstaunlich lange suchen und besonders genau hinsehen, um auf Spuren des Übersetzers Paul Amann zu stoßen. Einzig eine im Jahr 2010 eröffnete Brücke über den Wien-Fluss im 13. Wiener Gemeindebezirk erinnert an diesen großen Sohn Österreichs, den man heute hauptsächlich als Schriftsteller kennt, der aber auch als Übersetzer tätig war.

Paul Amann - Übersetzer, Schrifsteller und Lehrer

Der im Jahre 1884 in Prag als Paul Amschelmann geborene Paul Amann studierte nach seinem Schulabschluss Germanistik & Romanistik, zunächst in Prag, später in Wien. Ab 1911 kam er in einer Wiener Realschule in der Astgasse – deren Verlängerung die heutige Paul-Amann-Brücke über die Wien darstellt – als Deutsch- und Französischlehrer unter. Als einer der wenigen deutschsprachigen Intellektuellen stand er dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs sehr skeptisch gegenüber, obschon er als Soldat in der k.u.k.- Armee an mehreren Fronten diente.

Lob in Frankreich, Verbot in Deutschland - Übersetzer in stürmischen Zeiten

Neben seiner Lehrtätigkeit ging Paul Amann stets seinen großen Leidenschaften, dem Schreiben und Übersetzen, nach. Bereits 1910 hatte er begonnen, theoretische Arbeiten mit autobiographischem Einschlag zum deutschen und französischen Nationalcharakter sowie zu seinem Dasein als Jude in Wien zu verfassen. Dabei publizierte er nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Französisch – unter anderem eine Biographie Johann Wolfgang von Goethes, die in Frankreich enthusiastisch rezipiert wurde. Als Übersetzer machte er sich insbesondere dank seiner Übersetzungen aus dem Französischen der Werke Romain Rollands einen Namen.

1937 wurde Paul Amann in Frankreich sogar ob seiner Verdienste um die französische Literatur zum „Officier de l’Académie Française“ ernannt. Im deutschsprachigen Raum schlug ihm hingegen deutlich weniger Wohlwollen entgegen. Sein 1934 erschienenes Hauptwerk „Tradition und Weltkrise“ wurde im 1935 von den Nationalsozialisten in Deutschland verboten.

Paul Amann in Amerika

Und auch in Österreich wurde ihm seine Abstammung zum Verhängnis. Wegen seiner jüdischen Wurzeln wurde Paul Amann nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland im Jahr 1938 zwangspensioniert. 1941 gelang ihm schließlich die Überfahrt nach Amerika, wobei er davor mit seiner Familie bereits 1939 nach Frankreich hatte flüchten können. In Amerika schließlich war er als Universitätslektor tätig. 1958 erlag er einem Herzinfarkt erlag. In die Geschichte ging Paul Amann unter anderen auch deshalb ein, weil er über viele Jahrzehnte hinweg Briefkontakt mit Thomas Mann unterhielt. Die jahrzehntelange Freundschaft zwischen Mann und Amann war nur aufgrund eines Zerwürfnisses im Jahre 1918 über Manns Buch „Betrachtungen eines Unpolitischen“ einige Zeit unterbrochen. Amann warf Mann vor, Gedanken und ganze Passagen ohne Quellenangabe aus Amanns eigenem unveröffentlichten Manuskript „Betrachtungen“ übernommen zu haben.

Auch wenn (oder gerade weil) in seiner Heimat Wien kaum Spuren Paul Amanns und seines turbulenten Lebens zu entdecken sind, finden wir vom Übersetzungsbüro Regensburg | Connect-Sprachenservice, dass diesem Übersetzer ein Zeichen gesetzt werden sollte – deshalb dieser Text über Paul Amann in unserer Reihe über bekannte und unbekannte Übersetzer.

Weiterführende Literatur

1995 schrieb der Belgier Robert Gangl eine Diplomarbeit über den Übersetzer und Schrifstteller Paul Amann. Leider wurde die Arbeit bis heute nicht veröffentlicht.